Volkswirtschaften im Vergleich: So steht es um die weibliche Besetzung in politischen Institutionen weltweit
Keine Sonderrechte, sondern Menschenrechte: Damit warb die deutsche Frauenrechtlerin Clara Zetkin vor über hundert Jahren für die Gleichberechtigung der Frauen. Seit jeher wächst ein weltweites Bewusstsein für Frauenrechte sowie die Gleichstellung der Geschlechter.
Wir bei Berlin School of Business and Innovation haben untersucht, wie es um die Geschlechterparität in den Abgeordnetenunterhäusern und Parlamenten sowie in den Gremien und Ausschüssen zu Menschenrechten und Geschlechtergleichheit in den zwanzig Staaten mit dem größten Bruttoinlandsprodukt steht. Als Datenquelle diente die Website IPU Parline, ein Referenzpunkt für maßgebliche Daten zu den Parlamenten der Welt.
Mexiko ist Paritätsspitzenreiter
Der zentralamerikanische Staat Mexiko belegt mit einem prozentualen weiblichen Sitzanteil von knapp über 50 Prozent in seinem Unterhaus Platz eins im Ranking. Auf Platz zwei kann sich Spanien behaupten (rund 44 Prozent), dicht gefolgt vom niederländischen Unterhaus mit 39 Prozent. Den geringsten Frauenanteil in den Unterhäusern weist die Inselnation Japan auf (rund 10 Prozent). Deutschland befindet sich im internationalen Ranking im guten Mittelfeld: im Deutschen Bundestag (Unterhaus) liegt der Anteil an politischen Vertreterinnen bei rund 35 Prozent.
Frauenanteil variiert bei Geschlechtergleichheit stark
Beim Großteil aller Staaten, die im Parlament ein Gremium besitzen, das zur Geschlechtergleichheit arbeitet, sind Frauen dort in der Mehrheit, im Durchschnitt liegt der Frauenanteil bei knapp 61 Prozent. Die Anzahl von solchen Gremien variiert stark. Im spanischen Unterhaus sitzen beispielsweise fast 50 Prozent der Abgeordneten in einem der drei existierenden Gremien zu Geschlechtergleichheit. Dazu zählen laut IPU die Kommission für die Kontrolle und Bewertung der Gesetze gegen geschlechtsspezifische Gewalt, die Fachkommission für Arbeit, Eingliederung, soziale Sicherheit und Migration und die Gleichstellungskommission. In Deutschland sind es nur rund 5 Prozent der Abgeordneten, die im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zusammenkommen. Während Mexiko ein reines Frauengremium aufweist, sind in China nur acht Prozent der Personen im Ausschuss für soziale Entwicklung weiblich. Deutschland liegt mit einem Frauenanteil von 61 Prozent genau im Durchschnitt. In den Unterhäusern von drei Volkswirtschaften gibt es keine gesonderte parlamentarische Einrichtung zur Geschlechtergleichheit: Italien, Niederlande und Australien.
Kein Gremium für Menschenrechte in sieben Unterhäusern
Wenn es um parlamentarische Gremien für Menschenrechte geht, hat Spanien die Nase vorn. Hier sitzen in vier verschiedenen Gremien mehr als die Hälfte (rund 57 Prozent) aller Abgeordneten des Unterhauses. Damit liegt der Staat weit vor der zweitplatzierten Schweiz mit 25 Prozent. Deutschland schneidet auch hier eher schlecht ab: Nur rund drei Prozent der Abgeordneten arbeiten im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe mit. Den höchsten Frauenanteil in den Gremien für Menschenrechte besitzt auch hier Mexiko mit rund 85 Prozent und liegt damit weit vor den zweitplatzierten Vereinigten Königreich und Spanien (beide rund 58 Prozent). Das südostasiatische Indonesien ist mit einem Frauenanteil von rund neun Prozent im Unterhaus auf dem letzten Platz im internationalen Ranking. Die beiden Volkswirtschaften Japan (rund 14 Prozent) und die Türkei (rund 19 Prozent) belegen die vor- und drittletzten Plätze. Die Liste der Länder ohne eigenes Gremium im Unterhaus ist lang: weder China, Frankreich, Indien, Italien, Südkorea noch die Niederlande oder Russland sehen die Notwendigkeit für ein eigenständiges parlamentarisches Gremium zu Menschenrechten.
Über die Untersuchung
Die Berlin School of Business and Innovation (BSBI) untersuchte den Frauenanteil in Unterhäusern und Einkammersystemen sowie Gremien (der Unterhäuser und Einkammersysteme) zu Geschlechtergleichheit und Menschenrechten in den zwanzig größten Volkswirtschaften weltweit. Datengrundlage der Analyse sind Informationen der Website IPU Parline. Hierbei wurden die Gremien in den Unterhäusern der Staaten betrachtet. Einkammersysteme wurden mit den Unterhäusern verglichen. Über die Geschlechterverteilung der Gremien zu Geschlechtergleichheit in Indien und zwei der drei Gremien in Brasilien gibt es keine Informationen. Ebenso lassen sich keine Daten über die Geschlechterverteilung der Abgeordneten im Gremium zu Menschenrechten in Saudi-Arabien finden. Ein Zusammenhang zwischen der Höhe des BIP der jeweiligen Staaten und dem Anteil von Frauen in den Parlamenten und den Gremien konnte nicht nachgewiesen werden.